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Medizinstudium 2.0 oder Masterplan like Master‘s Art

Die Anforderungen an ein Medizinstudium sind hoch. Sowohl von den Lernenden als auch

von den Lehrenden wird im Rahmen des Studiums Höchstleistung eingefordert. Um dies zu

realisieren braucht es optimale Rahmenbedingungen, welche ausgebaut werden müssen und an denen nicht gespart werden darf.

Erhöhung der Studienplätze

Angesicht des bevorstehenden Ärztemangels und der drohenden Gefahr, die flächendeckende medizinische Versorgung in Zukunft nicht mehr gewährleisten zu können, braucht es dringend eine Aufstockung der Studienplätze in der Humanmedizin. Da die Zahl dieser Studienplätze bundesweit seit 25 Jahren nahezu identisch ist, nun aber eine

Ruhestandswelle bevorsteht und schon jetzt ca. 5000 Stellen in Krankenhäusern unbesetzt sind und viele niedergelassenen Ärzte keinen Nachfolger finden, muss hier schnell gehandelt

werden. Die Jungen Liberalen Saar unterstützen daher die Forderung des Marburger Bundes und des Saarländischen Ärztekammer-Präsidenten Dr. Josef Mischo nach einer schnellstmöglichen Erhöhung der Studienplätze um mindestens zehn Prozent sowohl im Bund als auch im Land.

Zulassungsverfahren überarbeiten

Aufgabe des Zulassungsverfahrens ist es, die bestgeeignetsten Kandidaten für das Medizinstudium herauszufiltern, um diese anschließend optimal auf den Arztberuf vorbereiten zu können. Die Jungen Liberalen Saar sind überzeugt davon, dass die Entscheidung, wer für den Studienplatz an der jeweiligen Universität  am geeignetsten ist, am besten von der einzelnen Universität getroffen werden kann. Einzige Vorgabe des Bundes soll die angedachte Abiturnotenbestenquote sein, welche von den angedachten 30% auf 40% der zur Verfügung stehenden Studienplätze erhöht werden soll, um jeden Abiturienten die Möglichkeit auf ein Medizinstudium zu gewährleisten. Andere Quoten, wie Landarzt,- Landkinder,- oder Männerquoten seitens des Bunds oder der Länder lehnen die Jungen Liberalen Saar strikt ab. Die restlichen 60% der Studienplätze sollen die Universitäten nach eigenen Kriterien (z.B. medizinspezifischen Studierfähigkeitstests, Situational Judgement Test, vorhandener Berufserfahrung im Pflege- oder Notfallbereich, Abiturnoten einzelner Fächer, etc.) vergeben können. Voraussetzung dieser Kriterien muss jedoch die sachliche Kompetenzbezogenheit sein, um Diskriminierungen aufgrund von Herkunft, Geschlecht, Alter, Ethnie oder anderen eignungsunabhängigen Faktoren zu verhindern.

Individuelle Stundenplanung

Den größten Erfolg im Studium haben Studierende, die ihr Studium eigenverantwortlich und selbstständig planen und absolvieren können. Daher lehnen wir verpflichtende schulähnliche Stundenpläne und Anwesenheitspflichten, um Hörsäle zu füllen ab. Vorziehverbote von Vorlesungsveranstaltungen müssen aufgehoben werden, um eine individuelle Studienplanung ermöglichen zu können. Bei Seminaren und Praktika muss es zu einer Öffnung der Veranstaltung für Studierende aus niedrigeren Semestern kommen, sobald in diesen Plätze durch die Absage von Studierenden aus den eigentlich vorgesehenen Semestern, frei werden. Ein Pflichtfreisemester, welches nur für die Anfertigung einer Dissertation oder Auslandaufenthalte genutzt werden kann, ohne den Besuch von curricularen Veranstaltungen zu ermöglichen, lehnen wir konsequent ab.

Promotionsmöglichkeiten verbessern, Forschung ermöglichen

Um die Promotion in der Humanmedizin zu erleichtern, fordern die Jungen Liberalen Saar hochschulübergreifende Plattformen, welche Übersicht über die im Moment verfügbaren Dissertationsthemen und deren jeweilige Bedingungen bieten. Lehrstühle müssen dadurch von den Studierenden nicht immer einzeln angefragt werden und haben gleichzeitig selbst die Chance, zu anstehenden Projekte promoten zu können. Bei einer einheitlichen Übersicht könnten alle promotionswilligen Studierenden direkt die für sie bestpassenste Arbeit und Rahmenbedingungen unabhängig des Hochschulortes finden. Außerdem sollen alle medizinischen Fakultäten Workshops zu Methoden wissenschaftlichen Arbeitens, Literaturrecherche und statistischen Analysen mit SPSS anbieten. Um Forschung und Promotion in der Allgemeinmedizin und damit in der primären Patientenversorgung gewährleisten zu können, braucht es einen Auf- und Ausbau von Lehrstühlen mit Forschungsabteilungen der Allgemeinmedizin. Bundesweite Forschungspraxennetzwerke müssen            vorangetrieben werden und in den Allgemeinmedizininstituten der Universitätskliniken verankert werden. Nur so kann der unterrepräsentierte Forschungsaspekt der Allgemeinmedizinin Deutschland vorangetrieben werden. Entsprechende Mittel müssen vom Staat zur Forschung in der primären Versorgung zur Verfügung gestellt werden.

Telemedizin in der Lehre stärken

Die Jungen Liberalen Saar sehen in telemedizinischen Anwendungen einen digitalen und fortschrittlichen Lösungsansatz, um medizinische Versorgung auch in Zukunft flächendeckend zu gewährleisten. Damit Telemedizin in diesem Kontext einen gewinnbringenden Nutzen darstellen kann, benötigt dies auch die Implementierung in der Lehre des Medizinstudiums. Daher fordern wir telemedizinische Wahlfächer und die curriculare Ausgestaltung interdisziplinärer telemedizinischer Inhalte.

Schulmedizin statt Naturheilkunde

Die Jungen Liberalen Saar stehen zu einem wissenschaftlich belegten, evidenzbasierten und schulmedizinisch ausgerichtetem Medizinstudium. Inhalte und Wahlfächer, welche der Evidenzbasierten Medizin widersprechen (Homöopathie o.ä.) lehnen wir daher ab. (Naturheilkundliche und homöopathische Inhalte und Wahlfächer lehnen wir in diesem ab.) Wer sich dennoch in diesen Bereich weiterbilden möchte, kann dies, nach den Ansichten der Jungen Liberalen Saar, in Studiengängen privater Anbieter ohne staatliche Unterstützung jederzeit tun.

Pflegepraktikum kürzen

Drei Monate unbezahlte Vollzeitarbeit ist für viele Studierende eine kaum zu stemmende Herausforderung, die angesichts steigender Miet- und Unterhaltskosten immer schwerer zu bewältigen ist. Da während des Pflegepraktikums kaum ein Nebenjob absolviert werden kann und häufig die Semesterferien noch zum Lernen anstehender Klausuren genutzt werden müssen, sprechen sich die Jungen Liberalen Saar für eine Verkürzung des Pflegepraktikums auf 30 Tage aus. Innerhalb dieses Zeitrahmens müssen in jeder Woche mindestens zwei theoretische Unterrichtsstunden abgehalten werden, welche klinische Aspekte, wie einzelne Krankheitsbilder oder der Umgang mit sognennten Krankenhauskeimen, erläutern. So reichen 30 Tage, um Einblicke und grundlegende Fähigkeiten des Pflegebereichs zu erlernen ohne die Studierenden als kostenlose Arbeitskräfte zu missbrauchen.

Lehrvisiten statt unnützer Fächer

Die Verzahnung von theoretischer und praktischer Medizinausbildung während des Studiums ist für die Jungen Liberalen Saar unerlässlich. Statt jedoch auf einzelne vorklinische Fächer zu setzten, die es kaum ermöglichen können, effektiv praktische Inhalte zu behandeln, sprechen sich die Jungen Liberalen für wöchentlich stattfindende Lehrvisiten in allen klinischen Fächern aus, welche von den Studierenden freiwillig besucht werden können. Diese fallorientierten Visiten sollen neben der Anamnese auch praktische Tipps zu klinischen Untersuchungen vermitteln und fächerspezifische Themen seminarmäßig aufarbeiten. Pflichtfächer wie die Berufsfelderkundung oder Einführung in die klinische Medizin sollen dafür abgeschafft werden.

Famulaturen und PJ

Die Lehre muss auch in praktisch orientieren Studieninhalten wie PJ und Famulaturen an vorderer Stelle stehen. Daher muss sichergestellt werden, dass weder Famulanten noch PJ’ler als billige Arbeitskräfte zweckentfremdet werden. Die Jungen Liberalen Saar fordern daher einen verpflichtenden Studientag in der Woche, sowohl in Famulaturen als auch im PJ. Den Kliniken soll es dabei selbst überlassen sein, ob sie an diesem Tag verpflichtenden Unterricht einführen oder den Studierenden einen Eigenstudiumstag ermöglichen. In beiden Fällen muss jedoch ein konkreter theoretischer Anforderungskatalog und eine Lernzieldefinierung der Studientage an die Studierenden übergeben werden. Des Weiteren sprechen sich die Jungen Liberalen Saar für eine einheitliche Aufwandsentschädigungen im PJ aus. Angelehnt an die Aufwandsentschädigung der juristischen Referendare soll diese für eine 32-Stundenwoche 1000 Euro im Monat betragen. Außerdem muss künftig die freie Wählbarkeit der vier Famulaturen gewährleistet werden. Eine verpflichtende allgemeinmedizinische Famulatur wird daher abgelehnt. Auch im PJ soll die individuelle Fächerwahl im Vordergrund stehen. Innere Medizin darf nur als Pflichtfach fungieren, wenn die Anforderung des ersten Wahlfaches auf Wissen der Inneren Medizin basiert. Hingegen soll in Wahlfächern wie der Pathologie oder der Humangenetik auf dieses Pflichtfach verzichtet werden können. Chirurgie wird als Pflichtfach künftig abgeschafft. Auch soll es möglich sein, zwei oder gegebenenfalls drei Tertiale, sowie alle Famulaturen im selben Bereich absolvieren zu können.

Tutorien ausbauen

Wie in anderen Studentengängen bereits üblich, fordern die Jungen Liberalen Saar auch in der Humanmedizin die vermehrte Einführung von fachspezifischen Tutorien zur Vor- und Nachbereitung von Veranstaltungen und zur gezielten Prüfungsvorbereitung in vorklinisch und klinischen Fächern. Diese Tutorien können sowohl von Studierenden aus höheren Semestern oder Studierenden mit besonders guten Leistungen, als auch von Doktoranten oder Fakultätsmitarbeitern abgehalten werden.

 

Die Begründung erfolgt mündlich.