A 019/18

Kommunalfinanzen

In Anbetracht sich stetig verschlechternder Kommunalfinanzen erkennen die Jungen Liberalen Saar einen dringenden Handlungsbedarf seitens des Landes an, um Kommunen vor drohender Zahlungsunfähigkeit und damit auch ihrer Handlungsunfähigkeit zu bewahren.

Gleichzeitig bekennen sich die Jungen Liberalen Saar zum kommunalen Selbstverwaltungsrecht aus Art. 28 II 1 GG, welches eventueller Rettungsmaßnahmen nicht zum Opfer fallen darf. Kommunen als Keimzellen der Demokratie müssen ihren individuellen politischen Entscheidungsspielraum behalten und genau diesen ausnutzen, um sich mit eigenen Ideen und Konzepten zukunftssicher aufzustellen.

Die zur Zeit der Antragsstellung kursierenden Lösungsvorschläge „Saarlandkasse“ (CDU) und „Kommunalpakt Plus“ (SPD) lehnen die Jungen Liberalen Saar im Ergebnis ab. Dennoch sind Investitionsspielräume und zielstrebige Tilgungslaufzeiten zu begrüßen.

Zu kritisieren sind jedoch die Mittel in Höhe von rund 50 Millionen Euro, die von Seiten der Landesregierung zur Diskussion gestellt werden. Die saarländischen Kommunen wiesen im Jahr 2013 ein Haushaltsvolumen von 1,99 Milliarden Euro auf. Dies sind im Vergleich zu den 3,87 Milliarden Euro Volumen des Landes im Vergleichszeitraum rund 50 % der im Land anfallenden Ausgaben. In Anbetracht dessen fordern die Jungen Liberalen die Kommunen, an den ab 2022 zur Verfügung stehenden 500 Millionen Euro an Mehreinnahmen, in einem angemessenerem Umfang zu beteiligen und fordern den Betrag auf 100 Millionen Euro zu erhöhen.

Darauf aufbauend bringen die Jungen Liberalen Saar folgende Alternative als insgesamt dritte Lösungsmöglichkeit in die Diskussion ein

 

1. Bund muss bei Sozialkosten entlasten

Über die letzten zehn Jahre hinweg sind die Sozialleistungen um die Hälfte angestiegen. Dem gegenüber standen jedoch keine spürbaren Mehreinnahmen bei den Kommunen. Die Kreise als Lastenträger geben diesen Betrag über die Kreisumlage weiter an die ihnen angehörigen Städte- und Gemeinden. Der Koalitionsvertrag der schwarz-roten GroKo sieht im Sozialkostenbereich eine Entlastung in der Höhe von 5 Milliarden Euro vor. Die Jungen Liberalen fordern den umgehenden Vollzug dieser Maßnahme und schlagen vor ihn im Bereich der Hartz IV Wohngeldleistungen umzusetzen. Dadurch können strukturschwache Kreise mit hoher Arbeitslosigkeit effizient entlastet werden. Diese Maßnahme eignet sich insbesondere, da der Ermessensspielraum von Seiten der Behörde gering ist und somit eine bundesweit vergleichbare Entlastung herbeigeführt werden kann.

 

2. Land: Deckende Finanzierung der Auftragsverwaltung

Die kommunale Finanzautonomie ist in der Praxis weitestgehend von bundes- und landesgesetzlichen Regelungen geprägt. Dies trifft auch auf die Finanzausstattung der Kommunen zu, die eigenständig nur einige wenige Einnahmen generieren können. Die Aufgaben und damit auch Ausgaben sind den Kommunen überwiegend staatlicherseits auferlegt. Dies reicht vom Einwohnermeldewesen, über die KiTa-Platz Garantie bis hin zur Bereitstellung einer unteren Bauaufsichtsbehörde.

Für diese Tätigkeiten werden Ausgleichszahlungen geleistet, die bei weitem nicht dem erhöhten Aufwand der Kommunen gerecht werden. Aus diesem Grund fordern die Jungen Liberalen die grundlegende Überarbeitung des bestehenden, intransparenten und bürokratieintensiven Zuwendungsmanagement und bestehen auf eine bedingungslos kostendeckende Entschädigung für die Kommunen.

 

3. Entschuldung auf freiwilliger Basis

Die saarländischen Kommunen haben in den vergangenen Jahren Kassenkredite in Höhe von über 2 Milliarden Euro angehäuft. Diese eigenständig zurückzuzahlen stellt nahezu eine Unmöglichkeit dar. Um diesen langfristig zu begegnen muss den Kommunen eine Möglichkeit gegeben werden diese abbauen zu können. Dafür sollen die Gemeinden auf freiwilliger Basis ihre Schulden in einen Zweckverband übertragen können. Dieser soll ein gemeinsames Schuldenmanagement betreiben und je nach Umfang und Teilnehmerzahl mit einem Volumen von bis zu 50 Mio. € jährlich ausgestattet werden. In diesen Zweckverband sollen die teilnehmenden Kommunen jährlich in Form eines noch zu definierenden Eigenbeitrags einzahlen. Das Programm soll nach maximal 40 Jahren beendet werden.

Nach Teilnahme an dem Programm müssen die Kommunen dazu verpflichtet werden, neben einem zu jedem Haushaltsjahr herbeizuführenden Haushaltsausgleich, auch keine neuen Schulden mehr aufzunehmen. Durch diese Maßnahme sollen notleidende Kommunen unterstützt und Kommunen, die solide gewirtschaftet haben, nicht abgestraft werden. Eine Zwangsmitgliedschaft und Schuldenunion der saarländischen Städte- und Gemeinden lehnen die Jungen Liberalen entschieden ab.

 

4. Investitionsprogramm für Kommunen bereitstellen

Wobei im Saarland lediglich ein Wert von rund 203 Euro je Einwohner erreicht wurde, liegen die Investitionen der Kommunen im Jahr 2016 im Bundesdurchschnitt um 433 Euro je Einwohner. Dies ist alarmierend und ruft unmittelbar zum Handeln auf.

Das Land muss, parallel zum Entschuldungsprogramm ein für alle Kommunen zugängliches Investitionspaket bereitstellen, damit diese nachhaltige Investitionen bestreiten und damit die strukturellen Defizite der vergangenen Jahre aufarbeiten können. In Anbetracht der Neureglung der Bund Länder Finanzen ab 2020 steht den Kommunen nach unserer Auffassung daraus ein fester Teil in Höhe von 50 Millionen Euro zu, um Zukunftsinvestitionen tätigen zu können.

Diese Investitionen sind an den Beschluss des jeweiligen Gemeinderats gebunden und sollen u.a. neben dem flächendeckenden KiTa-Ausbau, der Modernisierung und Sanierung der Grund- und weiterführenden Schulen im Land zu Gute kommen. Darüber hinaus sollen sie auch zur Digitalisierung der Verwaltungsarbeit eingesetzt werden, um durch Kosteneinsparungen und Bürgerservice ein Mehrwert für die Kommune vor Ort zu erreichen.

 

5. Gemeinden wirtschaftlich aufstellen

Der Vorstoß der Landesregierung in Bezug auf die Entschuldung der Kommunen ist grundsätzlich nach wie vor begrüßenswert. Ohne aber für deren Gliederung ein zukunftsfähiges Konzept vorzuhalten und einer möglichen Kommunalreform weiter aus dem Weg zu gehen, verdeutlicht dies die fehlende Nachhaltigkeit des Vorhabens.

Die durchschnittliche Einwohnerzahl der gemeindlichen Verwaltungseinheiten in der Bundesrepublik liegt bei rund 12.000 Einwohnern, im Saarland liegt diese sogar bei bereits rund 20.000 Einwohnern. Neben vielen großen Einheiten finden sich jedoch auch einige Kommunen im Saarland, die diese Zahl stark unterschreiten und aufgrund zu kleiner Gemeindeverwaltungen weder wirtschaftlich arbeiten, noch den stetig komplexer werdenden Gesetzesvorschriften in professioneller Art und Weise gerecht werden können. Die Gebiets- und Verwaltungsstrukturen müssen hier per Gesetz neu geregelt und definiert werden.

Setzt man den Maßstab am Bundesdurchschnitt von 12.500 Einwohnern pro Verwaltungseinheit an, bedürften 22 der 52 Städte- und Gemeinden einer Reform. Nennenswert in diesem Zusammenhang sind insbesondere:

 

  • Landkreis St. Wendel:

Oberthal, Namborn, Freisen, Nonnweiler, Tholey, Nohfelden, Marpingen

 

  • Landkreis Merzig-Wadern

Weiskirchen, Perl, Mettlach

 

  • Landkreis Saarlouis:

Ensdorf, Bous, Wallerfangen, Überherrn, Nalbach

 

  • Saarpfalz-Kreis:

Gersheim, Mandelbachtal, Kirkel

 

  • Regionalverband Saarbrücken:

Großrosseln, Friedrichsthal, Kleinblittersdorf

 

  • Landkreis Neunkirchen:

Merchweiler

 

Bei der Fusion oder Neubildung von Gemeinden soll insbesondere darauf geachtet werden, dass strukturschwache mit finanzstarke Kommunen zusammengeführt werden, um eine wirtschaftlich sinnvolle Ausgangssituation nach der Reform zu erzielen. Danach soll sichergestellt werden, dass die Hebesätze und Steuern zum Vollzugspunkt vergleichbar aufgestellt sind.

Ohne eine wirtschaftliche Ausgangssituation zu erreichen, ist eine Entschuldung der Städte- und Gemeinden als sinnlos zu erachten.

 

6. Fazit: Mehr Kommunaler Wettbewerb

Die Jungen Liberalen im Saarland erneuern mit diesem Vorschlag ihr Bekenntnis zur kommunalen Selbstverwaltung und möchten dadurch neben einer Entschuldung und Förderung der Kommunen, einen gegenseitigen Wettbewerb der Ideen ermöglichen und durch das Mitwirken der Räte und Verwaltungen in diesem Prozess anreizen neue Standortvorteile zu schaffen, wo vorher keine waren und durch mehr Gestaltungsmöglichkeiten den weg für attraktive, zukunftsorientierte Kommunen schaffen.